Du bist gerade hier: Home > Alltag, Claudi's-Reich, Psyche > ich funktioniere

ich funktioniere

Wenn mich heute jemand fragen würde wie es mir geht, würde ich antworten: “Ich funktioniere wieder.” Körperlich heilt so alles vor sich hin und ich kann schon wieder ganz viel. Ich kann mich, bis aufs schwere Heben, wieder um den Haushalt kümmern. Ich kann wieder Auto fahren. Ich arbeite gerade daran, dass es mir körperlich gut geht. Ich klappere alle Ärzte ab, ich nehme brav und regelmäßig meine Medikamente, ich messe meinen INR-Wert, ich gehe zur Massage und ich werde morgen oder übermorgen mal das Thema Herzsportgruppe in Angriff nehmen. Aber je mehr mein Körper gesund wird um so mehr rückt der Körper in den Hintergrund und ich merke, dass ich zu wenig für meine Seele tue.

Auch die ist nämlich krank. Die ist geschockt und verunsichert und bräuchte eigentlich auch Massagen, aber ich kann ihr gerade nicht helfen. Ich kann sie ohne weitere Untersuchungsergebnisse nicht beruhigen und ich kann ihr nichts Gutes tun, weil ich gerade gar nicht weiß was mir guttut.

Was ist mir wichtig?

  • Ist es wichtig shoppen zu gehen, damit ich noch mehr Konsumgüter im Schrank habe?
  • Ist es wichtig zu basteln? Ja, es macht vielleicht Spaß, aber ich fühle mich dabei einsam und wohin damit, wenn es abdekoriert wird?
  • Ist es wichtig, dass Haus ordentlich und sauber zu halten? Es ist doch morgen eh wieder unordentlich.
  • Ist es wichtig was mit Junior zu unternehmen? Ja, tierisch wichtig, aber wir finden gerade wenig Sachen die uns beiden Spaß machen und so stecke ich viel zurück um Zeit mit meinem Sohn zu verbringen.
  • Meine Freunde sind mir wichtig, aber ich gehe manchmal nicht ans Telefon, weil ich nicht weiß was ich erzählen soll. Ich mag nicht von meiner Krankheit erzählen. Ich mag nicht erzählen, dass ich wieder den dupsitausendsten Arztbesuch hatte und ich mag nicht erzählen wie schön ich schon wieder meinen Haushalt mache. Und ich bin einfach zu sehr mit mir selber beschäftigt um zuzuhören welche schönen Karten meine Freundinnen gebastelt haben oder dass die Tochter Schnupfen hat.
    Gleichzeitig fühle ich mich total einsam, wenn ich nicht ans Telefon gehe und fühle mich total überfordert. Ich hoffe, dass die Menschen die ich lieb habe das verstehen und mich nicht fallen lassen.
  • Heute wäre ich gerne spazieren gegangen bei dem schönen Wetter, aber ich wollte nicht alleine, aber ich wußte auch nicht wen ich anrufen sollte.
  • Ich würde gerne was mit meinem Mann unternehmen, aber ich weiß nicht was. Er kommt abends nach Hause, hatte einen anstrengenden Tag und ist froh, wenn er aufs Sofa kann und hat bestimmt keine Lust mehr was mit mir zu unternehmen. Und unser Sohn mag auch nicht mit Papa und Mama bummeln oder spazierengehen und will lieber mit seinen Freunden spielen.
  • Wir hatten letzte Woche davon gesprochen endlich mal wieder ins Kino zu gehen, aber mein Mann hat seine Mutter nicht angerufen und gefragt ob sie abends mal auf Junior aufpasst und ich habe so den Eindruck, dass es ihm nicht wichtig ist und rufe deshalb auch nicht an.

Ich fühle mich von meinem Mann alleine gelassen. Seitdem ich krank bin redet er noch weniger. Ich kann überhaupt keine Sorgen oder Ängste bei ihm loswerden, aber vielleicht ist das auch zuviel verlangt.

Alles in allem nicht sehr befriedigend.

Tags: ,

  • Digg
  • Del.icio.us
  • StumbleUpon
  • Reddit
  • Twitter
  • RSS

2 denken was zum Thema “ich funktioniere”

  1. Gudrun sagt:

    …hey,der ganz normale Alltag von dir und deinen Freunden geht dir ganz schön auf den Senkel, was?? Dann überleg dir mal für dein Leben was du besonderes und tolles machen möchtest und erzähl und diskutier es mit deinen Freunden und mir und deinem Mann und schon gibt es andere Themen außer Krankheit und Kinderschnupfen. Wir, um dich herum brauchen deine Hilfe im Umgang mit dir nach diesen außergewöhnlichen Ereignissen. Und wenn der Anfang ins Kino gehen bedeutet, dann nimm deine geschenkte Lebenszeit in die Hand und organisiere gute Sachen für dich – es macht sonst keiner, du bist für dein Wohl selbst verantwortlich und denke einfach nicht mehr mit für andere ( z.B.dein Mann) .
    Und bitte lass Timo aussen vor, der nabelt sich langsam ab und braucht seine Eltern nicht zum Spielen, sondern um Frust von Freunden, Schule etc. abzuladen und das Gefühl von seinen Eltern , dass er o.k. ist, das Vorbild seiner Eltern wie schön das Leben sein kann und wie es funktioniert und dass das Leben eben kein “Ponyhof” ist.

    Ich weiß, liebe Claudia, ich bin jetzt sehr provokant! Aber ich hab dich sehr lieb und du bist mir gaaanz wichtig! Diskutier mit mir, schrei, schreib oder rede dir den Frust von der Seele.

    Ja, das Leben ist ungerecht und warum gerade du? weiß ich auch nicht. Jeder Tag, den du dich verkriechst, ist ein vertaner Tag – mehr als die Tage im Krankenhaus oder in der Reha, denn da ging was voran – nämlich deine Genesung.
    Schau dir mal die lustigen Gesichter hier unterhalb an. Hast du die da hin gesetzt? Sie zeigen doch viel Energie und Spaß!!

  2. DasClaudi sagt:

    Huhu Gudrun,

    ich hätte aber gerne jemanden der zusammen mit mir schöne Sachen macht. Der sich darüber freut mit mir Zeit verbringen zu können. Der meine Freude teilt und mit dem ich mich dann an schöne Erlebnisse erinnern kann. Und der auch einfach mal was vorschlägt ohne dass ich mir immer was überlegen muss.

    Bussi Claudi

Das denke ich

:) ;-) *käffchen* *winke* *kiss* *gähn* more »